Aktuelle Meldung:

Do, 26.12.2019, 15:06 Uhr

Nachlese: Ehrenamtstag 2019, Portal Gut Leidenhausen

Wie jedes Jahr, inzwischen zum siebten mal, fand auch in diesem Jahr in einem der vier Portale, diesmal in Gut Leidenhausen, eine Dankeschön-Veranstaltung für die Wahner-Heide-Ehrenamtler statt, Themen diesmal: Wisente (in der Wahner Heide?), Renaturierung Camp Altenrath, Exkursion nördliche Wahner Heide.

Begrüßt wurden die TeilnehmerInnen an diesem sonnigen 16. November-Samstag im Ausstellungsraum von Gut Leidenhausen zunächst von Bernhard Fleischer vom Rheinisch-Bergischen Kreis, und als derzeitiger Geschäftsführer des Forums Wahner Heide / Königsforst dessen offizieller Repräsentant. Er entschuldigte den Vorsitzenden des Forums, Herrn Landrat Stephan Santelmann, der zum nunmehr  siebten Ehrenamtstag leider verhindert war und herzliche Grüße ausrichten ließ. Im Namen des Vorsitzenden und des gesamten Vorstandes würdigte Fleischer die unverzichtbaren Leistungen des Ehrenamtes rund um Wahner Heide und Königsforst. Er gab den Ball dann weiter an den Vertreter des Hausherren, Robert Schallehn, der als Geschäftsführer des Umweltbildungszentrum Gut Leidenhausen (UBZL) für das Wahner Heide Portal Gut Leidenhausen begrüßte und durch den Vortragsteil der Veranstaltung führte.

Das UBZ gibt es als Einrichtung seit Juli 2018. Bemerkbar gemacht hat sich diese Neuerung an der gesteigerten Anzahl der Termine, die seitdem im  Veranstaltungsprogramm vom Portal Gut Leidenhausen aufgetaucht sind. Dass Schallehn es darüber hinaus auch ernst meint mit nicht nur mit Umweltpädagogischen Themen, sondern auch mit Naturentwicklung, zeigt die Auswahl seines ersten Programmpunktes für diesen Tag:

Wisent-Wiederansiedlung in Deutschland – ein Vorbild für Wahner Heide und Königsforst?

Was als April-Scherz („Wisente in der Wahner Heide ausgewildert“) begonnen hatte, so Schallehn, sei aber nicht nur als bekloppter Scherz aufgefasst worden, es habe auch Rückmeldungen gegeben: soo bekloppt sei die Idee doch gar nicht…

Jedenfalls, als Fachfrau für die Frage, ob die Wiederansiedlung dieser Wildrindart in Deutschland, und/oder Wahner Heide / Königsforst, eine realistische Chance hat, war Kaja Heising geladen, wissenschaftliche Koordinatorin der Wisent Welt Wittgenstein: dem bislang einzigen Wisent-Auswilderungsprojekt in Deutschland.

Nach einer kurzen Einführung, was für ein Tier der Wisent überhaupt ist (eine seit Jahrtausenden in Europa heimische, aber fast ausgerottete Wildrindart, dem amerikanischen Bison ähnlich), stellte sie die Erfahrungen in Siegen-Wittgenstein / Rothaargebirge (immer noch NRW) vor, aber auch von Projekten in anderen europäischen Ländern (Polen, Rumänien, Niederlande).

Fazit: Eine Wiederansiedlung ist in vielen europäischen, auch deutschen Gebieten möglich, es hängt im Wesentlichen von der Akzeptanz der Bevölkerung ab: in Wittgenstein z.B. sind es einige (sauerländische) Waldbauern, welche die vom Wisent verursachten Forstschäden (Rinden-Schälung v.a. von Buchen) nicht akzeptieren wollen, trotz Entschädigungen, und geklagt haben, weshalb das ganze Wittgenstein-Projekt juristisch nach wie vor auf der Kippe steht. Als erster spontaner Gedanke kommt einem aber wohl: Verkehrssicherheit und Wildunfall!? Und tatsächlich hat es just am Vortag dieses Vortrages den ersten Wildunfall in Wittgenstein mit einem Wisent gegeben (für Wisent tödlich, Fahrer leicht verletzt), wohlgemerkt: den ersten. Demgegenüber stehen fast tägliche Wildunfälle mit den gewohnten Wildtieren (Wildschwein, Reh, Rothirsch,…).

Wie die Situation für die Wahner Heide und den Königsforst einzuschätzen ist, die durch Grünbrücken miteinander verbunden sind, dazu konnte Frau Heising noch nichts Konkretes sagen, doch schon die Erkenntnis, dass alleine die Wahner Heide schon größer ist als das Projekt-Gebiet in Wittgenstein, ist Grund genug, weiter über die Idee nachzudenken. Was auch prompt geschah am Rande der Veranstaltung, in Form von Gesprächen, wer weiß: Vielleicht kann Frau Heising dazu dann am 23. Oktober 2020 mehr sagen, bei ihrem Vortrag „Wisente zurück in NRW“ im Portal Turmhof (Rösrath)…

Renaturierung des früheren Kasernengeländes Camp Altenrath

… als Beitrag zum Erhalt der biologischen Artenvielfalt. Dazu präsentierte Klaus Oehlmann vom Bundesforstbetrieb nicht nur detaillierte Zahlen und Fakten sondern auch beeindruckende Bilder, v.a. Luftaufnahmen, welche die Dimension dieser Großbaustelle. Die meisten Anwohner bzw. Passanten kannten das vom belgischen Militär genutzte Kasernengelände eher vom Vorbeifahren entlang der der Kölner bzw. Panzerstraße Richtung Altenrath. Erst nach dem Abzug der Belgier 2004 war das Geländer nach der Freigabe zugänglich, für wenige Jahre, als Geisterstadt, bis nach einigem Hin und Her, wer was damit anfangen soll, 2013 mit dem kompletten Rückbau begonnen wurde. Das geschah dann über einen Zeitraum von knapp drei Jahren, in welchem Hunderte LKW-Fuhren v.a. von Beton abtransportiert wurden – eine Management-Aufgabe, die im Berufsalltag eines Försters auch nicht unbedingt vorgesehen ist.

Zu guter Letzt war das Kasernen-Gelände jedenfalls entsiegelt, alle Gebäude, aller Beton beseitigt, bis auf die Problemzone Tankstelle, die Stelle, welche Heide-Besucher als den Parkplatz (was er offiziell nicht ist) gegenüber der Panzerwaschanlage kennen. Die Entsorgung der Altlasten wäre zu (kosten-) aufwendig gewesen, deshalb hat man sich für eine Versiegelung entschieden. Somit sind die PWA, welche sich inzwischen zu einem artenreichen Gewässer-Biotop entwickelt hat, und der Parkplatz die einzigen und sichtbaren Beton-Zeugen der militärischen Vergangenheit dieses Geländes. Das Kasernengelände selbst ist inzwischen als Koppel eingezäunt worden, wo über die Sommer-Weidesaison Ponys, Schafe und Ziegen für die Offenhaltung dieser Heidelandschaft sorgen.
Oehlmann sprach aber auch offen an, was nicht so gut geklappt hatte:

Nach dem Abriss der Pferdeställe waren die Mehlschwalben, die dort genistet hatten, obdachlos geworden. Als Ersatz hatte man Schwalben-Türme aufgestellt, einen direkt und gut sichtbar an der PWA. Allerdings hat sich dort nie eine Schwalbe blicken lassen, und weder Schwalben-Mist-Imitationen (weiße Farbe, angekleckst) noch akustische Verlockungen, mittels Schwalben-Tonband-Aufnahmen, konnten die einstigen Stall-Untermieter von der Qualität der Ersatz-Behausung überzeugen. Die Rauch- und Mehlschwalben gehören somit zu denjenigen Alteingesessenen, welche mit dem Umbruch verschwunden sind. Andere, Heide-Bewohner, scheinen hingegen davon profitiert zu haben, was ja auch der Plan war, jedenfalls deuten die Beobachtungen darauf hin: Kreuzkröte, Heidelerche, Neuntöter, Nachtigall,… bleibt jedenfalls weiter im Auge zu behalten.

Die UN-Dekade Biologische Vielfalt zeichnete das Renaturierungsprojekt der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und des Bundesforstbetriebs Rhein-Weser „Wo einst Panzer parkten ist nun das Zuhause von Wiesenpieper und Islandpferd“ in 2019 aus. Ursula Heinen Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen übergab die Auszeichnung in der Wahner Heide.

13:30 Uhr: Mittagspause, mit Wildgulasch, Klößen und Rotkohl

…mit der Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch, was rege getan wurde.

Spaziergang durch die Wahner Heide

Um 14:30 Uhr führte Dr. Albrecht Priebe (NABU Köln) die übrig gebliebene wanderfeste Gruppe zu einem Spaziergang in die Wahner Heide. Durchquert wurde dabei die Obstwiese von Gut Leidenhausen, mit den Bienenstöcken, doch jetzt im November war natürlich nicht mehr viele zu sehen von Obstreife und Bienen. Ein paar Meter weiter war man dann bereits am Mauspfad angekommen, wo der Kurtenwaldbach denselben unterfliesst, sich dem Spazierweg eine gute Strecke entlangschlängelt, um schließlich auf dem Rennbahn-Gelände zu versickern. Inzwischen wieder, muss man sagen, denn in diesem Hitzesommer 2019 ist der Kurtenwaldbach, wie auch andere Bäche der Region, komplett ausgetrocknet.

Wo der Bach herkommt, aus der Wahner Heide, da wollen wir auch hin, müssen dafür aber den Mauspfad überqueren, was seit jeher für nicht ganz so schnelle Überquerer eine ernsthafte Gefahr darstellt. Dass das immer noch so ist, ist ein Politikum, wie Herr Priebe erzählt: Gerade diesen Sommer hatte es an genau dieser Stelle eine Baustelle gegeben, zwecks Sanierung des Radweges entlang des Mauspfades, was die Möglichkeit eröffnet hätte, zumindest eine Querungs-Hilfe für Fußgänger anzulegen. Auch die Chance, bei dieser Gelegenheit eine ehemals vorhandene Bushaltestation wieder herzurichten, hat sich damit ergeben, aber: Hier hätten zwei zuständige Institutionen, die Stadt Köln und Straßen NRW, sich effektiv abstimmen müssen, und das hatte irgendwie nicht geklappt: die eine hatte kein Geld, die andere kein Personal, also bleibet es nach wie vor schwierig, das Portal Leidenhausen per ÖPNV zu erreichen, und von hier aus dann in die Heide zu gelangen. Wir haben es dennoch geschafft, um festzustellen, dass dieser nördliche Teil der Wahner Heide gar nicht wie eine Heide aussieht, es ist eher ein Hainsimsen-Buchenwald, den man nach den ersten Schritten durchquert. Dieser Umstand geht auf die Tatsache zurück, dass letztendlich alle Flächen, welche schrittweise dem Truppenübungsplatz Wahn („Schießplatz Wahn“) einverleibt wurden, als Wahner Heide bezeichnet wurden, wenn sie auch wie hier nie Heidefläche waren.

Wie sich das Landschaftsbild in den  nächsten Jahren verändern wird, auch aufgrund der geplanten forstwirtschaftlichen Maßnahmen, wurde von Herrn Priebe grob skizziert: die Fichte sei ohnehin tot, sie hat praktische keine Zukunft mehr in dieser Region, nach den Dürresommern und Borkenkäfer-Angriffen, und die Kiefern und Robinien, die auf der anderen Seite des Weges noch recht präsent stehen, sollen entnommen werden. Ob sich dann ein Buchen-Eichen-Mischwald etabliert, muss man schauen, eine Rolle dürfte die amerikanische Traubenkirsche spielen, eine Problem-Pflanze, die sich kaum mehr zurück drängen lässt, und sehr offensiv andere Jungbäume buchstäblich in den Schatten stellt und damit unterdrückt. Auch der kleine Eschen-Bestand, eine Weggabelung weiter, dürfte in den nächsten Jahren verschwunden sein, im Zuge des landesweiten Eschensterbens aufgrund eines Pilzbefalls.

Überreste menschlicher Tätigkeiten gab es auch zu entdecken, wie die Pfosten des Einganges der bis zum Zweiten Weltkrieg hier ansässigen Gärtnerei, oder das Becken 1, dem eigentlichen Ziel dieser Wanderung. Hier wurde schon in den 30er Jahren Kies abgebaut, damals u.a. für den Bau der Gestüt-Röttgen-Mauer, und auch noch zu Zeiten des Belgischen Militärs nach dem Krieg, unter nicht ganz genehmigungsfähigen Bedingungen. Jedenfalls ist so dieses älteste der insgesamt drei Becken entstanden.

Zurück ging es dann über den Porzer Weg Richtung Parkplatz Hirschgraben, noch mit etwas Pilzkunde, über Zunder-Pilze, Morcheln, Judas-Ohren, Shiitake, und welche davon man aus asiatischen Gerichten kennt, aber auch hier in der Wahner Heide findet. Gegen 16 Uhr waren dann alle wieder wohlbehalten in Leidenhausen angekommen, nach diesem mit speziellen Themen bestückten Ehrenamtstag.

Von Justus Siebert

  • Begrüßung durch Bernhard Fleischer vom Rheinisch-Bergischen Kreis
  • Moderation durch den Hausherren, Robert Schallehn, Geschäftsführer UBZL
  • Kaja Heising: Wisente im Rothaargebirge, Deutschland, Europa
  • Kaja Heising, WisentWelt Wittgenstein
  • Klaus Oehlmann, Bundesforst: Renaturierung Camp Altenrath
  • Klaus Oehlmann, Bundesforst: Renaturierung Camp Altenrath
  • Mittagspause: mit Gulasch, Rotkohl und Klößen
  • Mittagspause, Gelegenheit zum Austausch
  • Die Bouwmans
  • Erste Station des Spazierganges: Obstwiese Leidenhausen
  • Mit Albrecht Priebe am Kurtenwaldbach, wo er den Mauspfad bei Leidenhausen unterfliesst
  • Reste der ehemaligen Gärtnerei Röttgen
  • Mit Albrecht Priebe (NABU Köln) am Beckenrand 1
  • Mit Albrecht Priebe durch die nördliche Wahner Heide
  • Mit Albrecht Priebe (NABU Köln) am Beckenrand 1
  • Albrecht Priebe am Beckenrand 1: Traubenkirschen und Traubeneichen