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Fr, 13.11.2015, 10:31 Uhr

Wie aus einem Militärgelände ein Naturschutzgebiet wurde

Eine App erklärt die Nutzungen der Wahner Heide - Ehrenamtler testeten dies bei einer Exkursion.

Wie wurde die ehemals militärisch genutzte Heidefläche der Wahner Heide zum Naturschutzgebiet? Diese und andere Fragen beantwortet die neue App der DBU Naturerbe GmbH. Pünktlich zum Ehrenamtler-Tag, der in diesem Jahr zum dritten Mal stattfand, stellte Claudia Pieper von der gemeinnützigen Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) die mobile Applikation für Smartphones und Tablets im Wahner Heide-Portal Burg Wissem in Troisdorf vor. Die App läuft auf dem I-Phone ebenso wie auf Android-Betriebssystemen und enthält derzeit vier Audiotouren mit Längen zwischen fünf und 14 Kilometern. Die Ehrenamtler, die normalerweise an den einzelnen Portalen ihren freiwilligen Dienst leisten, indem sie Wanderungen planen, die Besucher informieren oder sich als Landschaftswarte um die Belange der einzigartigen Naturlandschaft kümmern, waren die ersten, die diese in der Praxis testen konnten.

Dass es in der Wahner Heide jede Menge zu entdecken gibt, hatten sie zuvor schon in der Remise der Burg Wissem erfahren. Nach Begrüßung durch Michael Jaeger, Geschäftsführer des Trägervereins der Portale, Forum Wahner Heide, hatte Dr. Erich Claßen über die spannenden Entdeckungen des Landesamtes für Bodendenkmalpflege (LVR) informiert. Er berichtete über die Ausgrabungen, die im August am Fuße des Ravensbergs durchgeführt worden waren. Der Berg gilt als eine der bedeutendsten der insgesamt 33 Fundstellen der Neanderthaler in Nordrhein-Westfalen. Im Jahr 1967 waren laut Claßen im Zuge des Ausbaus des Mauspfads bereits Notgrabungen dort durchgeführt worden. Im Anschluss an seinen Vortrag unterrichtete Beate von Berg über die Umweltbildungsarbeit im Portal Burg Wissem, wo jährlich vor den Sommerferien 15 sechste bis neunte Schulklassen bei einem Waldtag in die Geheimnisse der Natur eingeführt werden.

Im Portal-Restaurant Quattro Passi, in das der Verein Forum Wahner Heide, die 45 Ehrenamtler zum italienischen Büffet geladen hatte, begrüßte Vereinsvorsitzender Hans-Peter Lindlar die Gäste und stellte die neue Wanderkarte vor, die künftig in allen vier Portalen erhältlich ist. Ebenso berichtete er von den 20 neuen Infotafeln, die die Besucher der Wahner Heide unter anderem auf die besonderen Verhaltensregeln im Naturschutzgebiet hinweisen sollen. Gleichzeitig ließ Lindlar wissen, dass er und Geschäftsführer Jaeger im Januar nach sechs Jahren ihre Vorstandsämter niederlegen werden. Nun seien alle Dinge auf den Weg gebracht, sagte er. Der Rheinisch-Bergische Kreis werde künftig die Geschicke des Vereins, dessen Vorstand gleichzeitig verkleinert werde, leiten. "Die Ämter waren auf drei Jahre befristet, die Nachfolge daher schon längst überfällig", erklärte Lindlar.

Am Parkplatz am Mauspfad gingen die Teilnehmer schließlich mit der App auf Tour in die Wahner Heide. Die erste Station war der 132 Meter hohe Telegraphenberg, der eine traumhafte Aussicht in die bunte Herbstlandschaft bis weit über das Flughafen-Gelände hinweg und bis zum Schloss Bensberg und den Güldenberg in Königsforst bot. Bereits 50 Meter zuvor hatte die App auf diesen interessanten Punkt hingewiesen. "Das tut sie auch, wenn der Nutzer offline ist", erklärte Pieper und demonstrierte, dass nur ein Klick reicht, damit die Sprecher die Hintergründe des jeweiligen Punktes erläutern. So hörten die Ehrenamtler einer fiktiven Unterhaltung zwischen Großvater Heinrich von Loë und seiner Enkelin Lilly zu, bei der sie erfuhren, dass sie sich an einem Punkt befinden, wo es früher eine Optische Telegraphenlinie gegeben hatte. Die war nach Anordnung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II 1832 eingerichtet worden und verband 61 Stationen von Berlin bis zum Kürfürstlichen Schloss bei Koblenz miteinander.

"Die Sprachdateien sind in der Regel nicht länger als zwei Minuten", sagte Pieper, bevor sich alle gemeinsam zur nächsten Station der Exkursion, dem Saalbachhügel, aufmachten. Das sei der "Kernbereich der alten Heidefläche", erläuterte Florian Zieseniß, beim Bundesforst für den Betriebsbereich Wahner Heide zuständig, und wies so auf die Dinge hin, die auch die künftigen App-Nutzer über diesen Bereich erfahren: Die einst vom Rhein herübergewehte Sanddüne bildet heute eine offene Landschaft, die mit seltenen Gräsern wie dem Woll- und dem Silbergras bewachsen ist. "Dieser Bereich ist so erhalten worden, weil die Bundeswehr hier übt", erklärte Zieseniß, dass die militärische Nutzung eine Bebauung verhindert habe. Heute nutzt die Bundeswehr den tiefen Sand der Düne für Fahrübungen mit Geländefahrzeugen und Panzern. Dahinter befinden sich nach wie vor Schießstände, die sowohl von der Bundeswehr, als auch von Spezialeinheiten wie der GSG9 genutzt werden. Laut Zieseniß umfasst das für die Wanderer gesperrte Truppenübungsgelände in der Südheide rund 1.500 Hektar. 

Gemeinsam mit Forstwart Jens Riekenbrock führte Zieseniß die Wanderer dann zur letzten Station der Tour, dem Planitz-Moor. Hier war zu erfahren, dass der Flughafen Köln/Bonn im Rahmen seiner Ausgleichsmaßnahmen die Renaturierung des Moors finanziert. Zu diesem Zweck wurden Birken, Weiden und Lärchen entfernt, da sie laut Zieseniß als "Wasserpumpen" dienen. Zu früheren Zeiten waren sie aus diesem Grund angepflanzt worden, denn es galt einst als Verdienst, Moore trocken zu legen, um Land zu gewinnen und die Mückenplage zu beseitigen. In den vergangenen Jahren wurden nun 36 kleine Staudämme eingerichtet, um das Wasser wieder im Moor zu halten, so dass es erneut anwachsen konnte. "Es haben sich typische Moorpflanzen wie der fleischfressende Rundblättrige Sonnentau nun wieder vermehren können", erläuterte Zieseniß.

Hiermit endete der Praxis-Test der Naturerbe-App, deren Audiotouren außer an der Burg Wissem an jeweils einem Portal, also am Forsthaus Steinhaus (Bergisch-Gladbach), am Turmhof (Rösrath) und am Gut Leidenhausen (Köln-Porz) starten. Eine Übersichtskarte zeigt zudem alle Flächen des Nationalen Naturerbes, für die Informationen zur Verfügung stehen. Insgesamt gehören dazu bundesweit 125.000 Hektar vor allem ehemals militärisch genutzte Flächen. Die App für die Wahner Heide und den Königsforst soll im Laufe der Zeit noch erweitert werden. Daran können auch die Nutzer mitwirken, zudem können sie auch eigene Notizen und Fotos hinterlegen, wie Pieper erklärte. Nach ihren Ausführungen gibt es Überlegungen, für die Portal-Besucher auch Tablets anzuschaffen.

Die App steht unter www.dbu.de/naturerbe/projekte/naturerbe-app zum Download bereit. 

  • Burg Wissem. Raum Wahner Heide
  • Forums-Geschäftsführer Michael Jaeger begrüßte die Ehrenamtler in der Remise der Burg Wissem.
  • Noch heute gibt es Bereiche in der Wahner Heide, die man nicht betreten sollte.
  • In der Südheide werden 1500 Hektar militärisch genutzt.
  • Florian Zieseniß (Bundesforst) erklärt am Saalbachhügel die Besonderheiten der Sanddüne.
  • Hinweisschilder erinnern an die militärische Vergangenheit
  • Heidelandschaft unterhalb des Moltkehügels
  • Florian Zieseniß (Bundesforst) und seine Kollege Jens Riekenbrock probieren am Telegraphenberg die App aus.
  • Claudia Pieper erklärt die App im Gelände, am POI Telegraphenberg
  • Florian Zieseniß (Bundesforst) erklärt Details zum Telegraphenberg.
  • Blick vom Telegraphenberg
  • Telegraphenberg
  • Wanderung Richtung Telegraphenberg
  • Die Schilder in der Wahner Heide weisen auf die Vorschriften hin.
  • Karte Wahner Heide und Königsforst
  • Die Schilder in der Wahner Heide weisen auf die Vorschriften hin.
  • Schild mit Karte
  • Beim Ehrenamtler-Tag versammelten sich die Teilnehmer am Parkplatz am Mauspfad zu einer Wanderung.
  • Hans-Peter Lindlar und Michael Jaeger begrüßten die Ehrenamtler im Portal-Restaurant Quattro Passi.
  • Das Portal-Restaurant Quattro Passi im Burghof der Burg Wissem.
  • Claudia Pieper (M.) erklärt (v.l.) Florian Zieseniß, Hans-Peter Lindlar und Michael Jaeger Funktionsweise der App.
  • Präsentation App
  • Präsentation der 20 neuen Tafeln im Portal Burg Wissem.
  • Claudia Pieper stellt im Restaurant Quattro Passi die neue App vor.
  • Der Verein Forum Wahner Heide lud die Ehrenamtler zu einem Mittagessen im Portal-Restaurant ein.
  • Florian Zieseniß (Bundesforst) erklärt Einzelheiten zum Planitz Moor.